Die Krankheits- und Heilungsgeschichte der Gottliebin Dittus in Möttlingen – Teil 4

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GeldbüchseAm Morgen war die Nachthaube von einem gelblichen, hässlich riechenden Stoffe ganz zerfressen und ließ sich leicht zerbröckeln. Ein andermal, da sie wieder in ihrer eigenen Stube lag, hatte sie abends ihren Rock an die Kammertüre gehängt, und die Schwester, die mit ihr in einem Bette lag, wusste gewiss, was in der Rocktasche war, und dass Gottliebin Dittus nicht aus dem Bette kam. Letztere aber sah des Nachts eine Gestalt zu ihrem Rocke gehen, aus der Tasche ein blechernes Geldbüchschen, wie es die Bauersleute haben, herausnehmen nebst anderem, dann vor sie damit hintreten, – und am andern Morgen wurden unter heftigem Würgen Geldstücke und das Büchschen von ihr erbrochen. Dies alles führt darauf, dass gewisse Personen die Kunst besitzen, im Geiste außer dem Leibe zu sein, wohl nicht immer mit völligem Bewusstsein. Allein die Gegenstände in den Leib zu praktizieren, wie soll das zugehen? Auch darüber gewährt das einigen Aufschluss, dass bei allen den Gegenständen, die eingezaubert wurden, immer noch ein verstorbener Mensch oder Dämon mitwirkte, der allein die Kunst ausübte und mit dem Gegenstand in den Menschen fuhr. So stellte sich’s vielfältig dar; und so kommt es, dass die Besitzung eigentlich nur um der Zauberei willen da war, und es sich nicht sowohl um die Heilung einer Besessenen, als um die Befreiung einer bezauberten Person handelte.

betende HändeDass aber die Gegenstände nicht wirklich töteten, wie die Finsternis beabsichtigte, daran war eine besondere Bewahrung Gottes schuld, die sich auf eine auffallende Weise mit dem Eintritt des Zaubers schon dadurch zu erkennen gab, dass Gottliebin Dittus fortan zunächst wenig Empfindung von den Gegenständen, die in ihr waren, hatte, bis die Zeit kam (manches muss über 2 Jahre in ihr gelegen sein), dass diese wieder entfernt werden sollten. Daher ferner, dass ein Dämon immer sozusagen der Wächter der Gegenstände war, kam es, dass der Zauber oft erst durch meine Anwesenheit und besonders, wenn ich mich, auch abwesend, für sie zum Beten bewogen fühlte, in Bewegung gebracht wurde, und dass in der Regel vor oder nach Entfernung des Zaubers ein Dämon ausfuhr. Das aber bin ich fest überzeugt, dass, wenn ich einmal einem Unglauben mich hingegeben hätte, als wäre es nicht möglich, durch das alleinige Gebet auch das unmöglich Scheinende vollbringen zu können, Gottliebin Dittus verloren gewesen wäre. Ich fühlte mich jedoch immer so gestärkt, dass ich alles meinem Heilande zutraute; und der Gedanke, den ich mit jedem Tage zuversichtlicher fassen durfte, dass durch diesen Kampf der schwarzen Kunst der Zauberei ein empfindlicher Stoß gebracht werden müsse, ließ mich auch bis aufs äußerste ausdauern.

AstralreisenDas eben Gesagte war Ergebnis vieler Erfahrungen und Beobachtungen und beständigen Nachdenkens über die seltsamen Erscheinungen. Ich kann mich aber nicht enthalten, die allmählich gewonnenen Schlüsse, die mich mit ziemlicher Sicherheit in das Wesen der Zauberei hineinblicken ließen, noch weiter auseinanderzusetzen. Nach dem obigen wirkte zur Ausübung der Zauberei ein verstorbener und ein lebender Mensch zusammen. Durch die früher geschilderten Abgöttereien nämlich kann es geschehen und geschieht es auch leider bis zu einer schauderhaften Ausdehnung, dass ein Mensch, ohne es zu wissen und zu merken, im Geiste vom Satan gebunden wird, so dass der Geist, freilich ein psychologisches Rätsel, vom Leibe abwesend sein kann, selbst, wenn die Seele, wie es scheint, im Leibe gegenwärtig bleibt. Im Geiste wird er in Verkehr und Gemeinschaft mit andern, auf gleiche Weise gebundenen Menschen gebracht, sowie mit Verstorbenen, die auch mehr oder weniger im Leben sich gebunden hatten. Die letzteren sind es eigentlich, die die Zauberei ausüben; während die ersteren zur Herbeischaffung der Materialien angehalten werden. Wider ihren Willen müssen die Lebenden (so konnte es aus mancherlei Äußerungen der Dämonen geschlossen werden), die durch Sympathie usw., wie auch durch freche Flüche, durch grobe Fleischessünden usw. an den Satan gebunden sind, im Geiste diesem zu Dienst sein, wiewohl dieser Zwang nach dem Grad der Vergehungen in Abgöttereisünden verschieden ist.

PentagrammIch wurde zuletzt von selbst darauf hingeleitet, mir ein gewisses satanisches Komplott zu denken, durch welches allmählich nach dem Plane Satans alle Menschen heimlich und mit List sollten von Gott abgezogen werden, damit so Satans Reich allgemeiner und Christi Reich vernichtet würde. Hier hatte die finstere Macht um so mehr Glück, weil alles in der tiefsten Verborgenheit vor sich ging und wo sich etwas kund tat und merklich machte, niemand auch nur im geringsten darauf bedacht war, mit Mut und Glauben ihr entgegenzutreten. Die meisten sogenannten Hexen und Hexenmeister, denen man allerlei Unglück, Krankheit, Plagen an Menschen und Vieh zuschreibt, sind, was sie etwa in dieser Art sind, ohne ihr Wissen und haben höchstens je und je ein Gefühl davon, was sie im Geiste tun, ohne dieses Gefühl sich erklären zu können. Es sind also jedenfalls höchst unglückliche Menschen, und es folgt daraus, dass die Beschuldigung eines lebenden Menschen in der Regel eine Unbarmherzigkeit ist und von vornherein völlig verworfen werden muss, weil sie zu keinem Resultate führen kann, indem die Beschuldigten oft völlig unschuldig sind, und wenn nicht (ergänze: immer), doch in der Regel, wenn man sie auch, wie in Hexenprozessen geschehen ist, mit Marterwerkzeugen zum Geständnis bringen will, sich als unschuldig betrachten. Ich danke Gott, dass ich von Anfang an von dem Grundsatz ausgegangen bin, keine Beschuldigung, zu der ich oft Veranlassung hatte, bei mir aufkommen zu lassen, und niemand für das anzusehen, wofür ich ihn hätte vielleicht ansehen können. Ich wäre dadurch in eine schauerliche Verwirrung geraten, in welcher Satan mit mir und meiner Sache gewonnenes Spiel gehabt hätte.

Buddha = AbgöttereiWenn übrigens der gebundene Mensch von dem, was er im Geiste tut oder zu tun gezwungen ist, kein Bewusstsein im gewöhnlichen Leben hat, so folgt daraus nicht, dass er dafür nicht zurechnungsfähig ist. Er ist es schon darum, weil die Sünde der Abgötterei seiner Gebundenheit zugrunde liegt, sodann, weil auch im Geiste ihm der freie Wille bleibt, dem Satan sich völliger hinzugeben oder nicht. Alle Zurechnung und Folge aber mag verschwinden, wenn nur die getriebene Abgötterei erkannt und bereut wird als eine der schwersten Sünden, weil sie direkt wider das erste Gebot geschieht und den eigentlichen Abfall von Gott ausmacht. Weil aber die Abgöttereisünden im Leben sollen bereut werden, was aber nicht geschieht, indem man entweder keine Gefahr daraus fürchtet, oder wenigstens, wenn man auch ein unerklärliches Grauen davor hat, die Gefahr nicht erkennt und nicht hoch genug anschlägt, so dauert meist die Gebundenheit nach dem Tode fort. Jetzt gehen dem betrogenen und durch des Teufels List gefangenen Menschen die Augen auf. Jetzt bleibt es ihm aber auch noch freigestellt, ob er sich dem Dienste Satans völlig hingeben wolle oder nicht. Im ersten Falle wird er förmlicher Zaubergeist, der nun vom Satan angehalten wird, vermittelst anderer lebender Zauberer auf verschiedene Weise diese Menschen zu plagen, entweder an ihrem Leibe oder an ihrem Viehbesitz oder sonst. Der Zweck dieser Plagen ist kein anderer, als die Menschen so in die Enge zu treiben, dass sie wiederum zu abergläubischen und abgöttischen Mitteln greifen, um selbst wieder verstrickt zu werden. So erscheinen viele Unglücksfalle, die den Menschen treffen, als eigentliche Hiobsprüfungen, von Gott zugelassen, weil sich ergeben soll, ob der Mensch darüber von Gott gesegnet sein wolle oder nicht. Ach, wie leben und handeln doch die Menschen so sicher in den Tag hinein!

ZauberbuchDie Zauberei der Lebenden hat übrigens viele Stufen. Auf der niedrigsten Stufe stehen diejenigen, welche nur etwa, wie man sagt, sich, d. h. an und für sich gebrauchen lassen und dadurch sich verstricken, ohne fortan ein Bewusstsein davon zu haben. Die höchste Stufe ist die eigentliche Schwarzkunst, bei welcher der Mensch mit vollkommenem Bewusstsein dem Satan dient, der ihm die Kräfte verleiht. In der Mitte zwischen beiden Klassen stehen diejenigen, die aus dem Gebrauch von Zaubermitteln ein Gewerbe machen und sich von den Leuten gebrauchen und holen lassen, wobei sie gewöhnlich nach gedruckten Büchlein, deren viele unter dem Volke verbreitet sind, und die eigentliche Offenbarungen des Satans sind, oder nach Tradition ihr Wesen treiben. Diese dritte Gattung von Zauberern kann lange Zeit mit dem scheinbaren Bewusstsein, Wohltäter der Menschen zu sein, ja mit dem Rufe großer Frömmigkeit, ihre Formeln sprechen und Manipulationen vornehmen, obwohl stets mit bösem Gewissen, wird aber durch dieses Heidenwerk immer tiefer verstrickt und tritt der Gefahr, eigentlicher Schwarzkünstler zu werden, immer näher. Am nächsten aber, wiewohl vielleicht immer noch betrogen, sind diejenigen, welche vom Teufel dass ich so sage, geradezu Geister zu Ratgebern erhalten, und die den Namen und das Alter von den Hilfe suchenden Leuten verlangen, vermittelst deren sie sich bei den Geistern befragen. Diese Dämonen erscheinen ihnen durch gewisse Mittel, die sie anwenden, auch vermittelst eines Spiegels entweder sichtbar oder unsichtbar, und beantworten die an sie gemachten Fragen, natürlich nicht ohne Interesse für das Reich der Finsternis.

Mit Blut unterschreibenSo kommen Christen dazu, sich bei Baal-Sebub Rats zu erholen. (2. Kön. 1.) – Eigentliche Schwarzkünstler sind die, welche, sozusagen, einen förmlichen Bund mit dem Teufel geschlossen haben, was entweder einzeln oder durch Anschluss an gewisse Gesellschaften, denen solcher Bund insgeheim zugrunde liegt, geschehen mag. In beiden Fällen finden Unterschreibungen mit Blut statt, indem man sich in die Finger oder sonst wohin ritzt und das ausfließende Blut zur Namensunterschrift benützt. Geschieht eine Verschreibung einzeln, so kann es entweder durch eine förmliche satanische Verschreibung, von welcher aber der Mensch nicht immer das Bewusstsein behält, oder im Geiste geschehen, da dem Menschen abermals kein Bewusstsein davon bleibt. Was die Schwarzkünstler suchen, ist hauptsächlich Glück, Wollust, Geld und Schutz wider die Gefahren des Leibes; und die Künste, die sie besitzen, sind sehr mannigfaltig. Sie können sich Geld verschaffen, sich unsichtbar machen, gerade wie nach dem obigen materielle Gegenstände unsichtbar gemacht werden können, in wenigen Augenblicken Hunderte von Meilen sich entfernen, und zwar mit ihrer ganzen Persönlichkeit. Namentlich können sie Hunderte von Stunden weit Menschen töten; und auch Schlagflüsse, an denen oft die gesündesten Menschen unerwartet hinsterben, können Folgen eines Zauberschlags aus näherer oder fernerer Entfernung sein. Auch Brandstiftungen verüben sie unsichtbar. Ich muss es natürlich jedermann freigestellt sein lassen, von diesen Dingen zu glauben, was er will; aber ach! der schauerlichen Gewissheit, die mir von dem Vorhandensein derselben geworden ist! Aber ein im Glauben an Den, der der Schlange den Kopf zertreten, unternommener Kampf wider diese finstern Kräfte konnte unmöglich des Sieges verfehlen. Größer noch ist unser Herr!

SchreibenObige Bemerkungen sind teils auf Tatsachen begründet, die in meinem Kampfe vorgekommen sind, teils auf zerstreute, unzusammenhängende Äußerungen solcher scheinbaren Dämonen, die Befreiung suchten oder gefunden hatten, teils auf sonstige psychologische Erfahrungen und Beobachtungen, die ich bei einmal für diese Dinge geöffneten Augen zu machen Gelegenheit genug hatte. Man könnte mir vielleicht den Vorwurf machen, ich hätte dergleichen Dingen zu sehr nachgespürt und eine träumerische Phantasie dabei obwalten lassen. Allein zu phantastischen Grübeleien hatte ich wahrlich keine Zeit. Man denke sich neben meinem Amte, dem ich mit ganzer Liebe stets und vornehmlich in den letzten Jahren alle Aufmerksamkeit schenkte, indem ich, wie die Pfarrberichte darlegen, viel, besonders sowohl im Mutterorte, als auf dem Filial, vornahm, um belehrend und weckend auf meine Gemeinde einzuwirken, obige fast 2 Jahre fortgehende Kämpfe, die Zeit und Gemüt in so hohem Grade in Anspruch nahmen! Dennoch war ich in dieser ganzen Zeit auch schriftstellerisch tätig, indem ich die Monatsblätter für öffentliche Missionsstunden verfasste, Aufsätze in die Barth’schen Jugendblätter lieferte, wie über die Erscheinungen und Wirkungen des Lichts, ferner ein Handbüchlein der Weltgeschichte und ein anderes der Missionsgeschichte und Missionsgeographie bearbeitete, von welchem das zweite mich, so weit ich übrige Augenblicke hatte, in Berge von deutschen, englischen und französischen Missionsschriften eingrub, und das eben jetzt die Presse verlässt.

KichengesangsbuchIch konnte auch nicht untätig bleiben bei der Regsamkeit in unserm Vaterlande für das neue Gesangbuch und die neue Liturgie und lieferte Aufsätze ein, auch zweimal ausgedehnte Entwürfe zu einem neuen Choralbuche, wobei ich mit vieler Mühe alte Choräle und Melodien aus vielen alten Schriften aufsuchte und zusammentrug. Um neues Interesse für den Choral zu wecken, ließ ich auch eine Sammlung in den Druck kommen, nachdem ich zu diesem Zweck in die Theorie des musikalischen Satzes mich erst einüben musste. Daneben hielt ich im vorigen Sommer als Schulkonferenzdirektor einen doppelten Lehrkursus, teils über die Behandlung der deutschen Sprachlehre in den Volksschulen, teils über das Leben des Apostels Paulus, und ließ fortlaufende Aufsätze darüber unter den Lehrern kursieren. Dieses alles wage ich hier – und ich bin versichert, dass man mir es nicht übel auslegen wird – anzuführen, um zu beweisen, dass ich gerade damals keine übrige Zeit hatte, auch nicht suchte, übertriebenen Phantasien nachzuhängen; und wer die erwähnten Arbeiten nur flüchtig übersieht wird schwerlich einer krankhaften Einbildungskraft mich zeihen können. Es waren stets unmittelbare und lange unverstandene Eindrücke, die ich unter meiner Geschichte erhielt und bis aufs weitere unbearbeitet liegen ließ, doch im Geiste sammelte, bis sie endlich sich selbst in einen schauerlichen Zusammenhang fügten. Erst mit dem Schluss der Geschichte wurde ich über das Ganze und Einzelne klar. Zu diesem Schlusse eile ich jetzt, der mich jedoch, um verstanden zu werden, abermals zu einem allgemeinen Überblick leitet.

WechselbalgWie es denn komme, dass gerade bei der G., einer seit manchen Jahren entschiedenen und gediegenen, christlich denkenden Person, in solcher Masse so schauderhafte satanische Anfechtungen vorkommen konnten, das ist vielen, die von der Sache hören, ein Rätsel. Mit dem Blicke, dieses scheinbare Rätsel einigermaßen zu lösen, teile ich Nachstehendes aus der früheren Geschichte der G. mit, wie ich es aus ihrem Munde allmählich und zusammenhanglos, ich möchte sagen, zufällig, erfuhr, aber erst gegen den Schluss hin beobachtenswert und bedeutungsvoll finden konnte, obgleich es abermals in unerhörte Dinge hineinführt. Man sehe mir den direkten als den bequemeren Erzählungsstil nach. – Gottliebin Dittus weiß schon aus ihrer Kindheit Umstände zu erzählen, die auf Nachstellungen hindeuten, sie in das Netz der Zauberei zu verflechten; und ich bedauere, sogleich aufs neue etwas berühren zu müssen, das in der Regel zu dem märchenhaftesten Aberglauben gerechnet wird, und das ich doch jetzt Ursache habe, nicht mehr so ganz wegwerfen zu dürfen. Sie stand bald nach ihrer Geburt in Gefahr, unsichtbar weggetragen zu werden. Ihre Mutter, die vor 10 Jahren gestorben ist, erzählte ihr oft, sie habe das Kind neben sich im Bette gehabt, und im Schlafe sei ihr plötzlich bange um das Kind geworden, sei erwacht, habe das Kind nicht gefühlt und ausgerufen: „Herr Jesus, mein Kind!“ Da fiel etwas an der Stubentür zu Boden, und es war das Kind. Dasselbe kam auf ähnliche Weise noch einmal vor.

Kindesraub im MittelalterDie Kinder, an deren Stelle die Sage sog. Wechselkinder gesetzt werden lässt, scheinen, wenn die Sache einige Realität hat, nach Schlüssen aus einer weiteren Erfahrung dazu bestimmt gewesen zu sein, Zauberern in die Hände zu fallen und durch diese in das ganze Gebiet der Zauberei von früh auf eingeweiht zu werden. Solche abergläubisch lautende Dinge hatten für mich früher nie eine Bedeutung und bekamen sie in diesem Falle erst durch die Betrachtung über die mit der Gottliebin Dittus gemachten Erfahrungen. Bald kam das Kind zu einer Base, die allgemein als böse Person gefürchtet war, und die zu dem siebenjährigen Kinde sagte: „Wenn Du einmal 10 Jahre alt bist (dies der auch sonst laut gewordene Termin der Möglichkeit einer Einweihung in die Zauberei), dann will ich dich etwas Rechtes lehren“; ferner: „Wenn Du nur nicht Gottliebin hießest und andere Paten hättest, so wollte ich Dir große Macht in der Welt verschaffen.“ Dergleichen Äußerungen kamen schon dem Kinde bedenklich vor; und unter den stillen Gedanken, die es sich darüber mache, fiel ihm jedes Mal der Spruch ein: „Unser Herr ist groß und von großer Kraft, und ist unbegreiflich, wie Er regiert“, mit dem Sinn, dass doch Gott allein es sei, der die Welt regiere.

Widerstand unter großer BelastungDie Base starb, als das Kind erst 8 Jahre alt war. Indessen wurden auch bei dem letzteren, wie eben der Unverstand des Volkes es zur Gewohnheit gemacht hatte, je und je sympathetische oder zauberartige Mittel bei Krankheiten angewendet, woher es kam, dass sie, wie andere, in einige Verstrickung geriet. Die Fähigkeiten des Geistes, die sie besaß, machten den Unterricht, den sie durch Pfarrer Barth erhielt, sehr fruchtbar an ihrem Herzen. Ihre lautere Gottesfurcht bewahrte sie vor noch tieferen Verstrickungen in Sünden der Abgötterei; und, durch fromme Eltern gewarnt, scheute sie frühzeitig alles, was daran hinstreifte. Indessen – ich erzähle nach den Ergebnissen, die sich erst im Verlaufe ihrer dämonischen Krankheit herausstellten – war sie eben doch schon gebunden, und in einem Grade, bei dem sie nach dem Prinzip der Finsternis im Geiste zur Plage anderer missbraucht werden sollte, ohne, wie dies immer bei geringerer Gebundenheit der Fall ist, Ahnung oder Gefühl davon zu haben. Ihr Geist aber, wie dies nach der früheren Darstellung möglich ist, widerstrebte den Zumutungen der Finsternis, was ihr den Hass der letzteren zuzog. Es entstand, wie es scheint, eine Art Spannung zwischen ihr und dem finstern Reiche; und dieses, das in sich selbst auch einig sein will, setzte ihr, als einer Abtrünnigen, nach. Es handelte sich nun darum, sie entweder wirklich in die Zauberei zu verlocken, und zwar in die tiefste Zauberei, weil sie nur so dem Satan gesichert zu werden schien, oder sie aus der Welt zu schaffen, damit durch ihren Widerstand dem finstern Reiche kein Nachteil erwachse. So war die Aufgabe der G., wie später die meinige, Treue und Glauben, Treue wider alle und jede Abgöttereisünde und Glauben an die die Treuen schützende Macht Gottes, auch wenn die ganze Hölle sich aufmache. Beides ging still Hand in Hand bei der G. fort, und dass sie in beidem Tag für Tag, ohne eine Ahnung von der Wichtigkeit zu haben, bewahrt wurde, schätzt sie jetzt als das größte Wunder, das an ihr geschah.

Armut der Gottliebin Dittus

Die Versuchungen der Zauberei kamen unmittelbar an sie. Da sie sehr arm ist, so sollte die Armut ihr zum Strick werden. Da geschah es im Februar 1840, da ihre beiden Eltern schon gestorben waren und sie schon in der anfangs erwähnten Stube wohnte, dass sie einmal für sich und ihre Geschwister nur etwas Brot im Hause hatte und sonst noch einen Groschen besaß. Mit letzterem machte sie sich auf den Weg, um einen Topf Milch zu holen. Während sie ging, dachte sie bei sich selbst: „Wenn Du nur noch einen Groschen hättest, dann könntest Du auch gleich Salz zu einer Suppe mitnehmen.“ Indem sie so dachte, fühlte sie plötzlich zwei Groschen in der Hand. Es war ihr nicht wohl dabei, weil ihr gewisse Sagen von Zaubergeld einfielen, die unter dem Volk im Umlauf sind; und sie geriet in Sorge, wenn sie für die Milch ausbezahlen sollte. Glücklicherweise wurde ihr diese geschenkt; und so konnte sie im Besitze von zwei Groschen, ihren Rückweg nehmen. Da kam sie über einen Wassergraben, und bis dahin war ihre Angst so hoch gestiegen, dass sie plötzlich beide Groschen ins Wasser warf und ausrief: „Nein, Teufel, so kriegst Du mich noch nicht; Gott wird mich schon durchbringen.“ Es wurde ihr hierbei ganz leicht: allein, wie sie in ihre Stubenkammer trat, so lag es auf dem Boden herum voll von Talern. Sie erschrak und stieß mit den Füßen dran herum, ob es wirklich Taler wären. Sie hörte den Klang, sah deutlich die Gestalt und konnte nichts anderes denken, als es sei wirklich Geld. Aber woher das Geld? Bei diesem Gedanken konnte sie nur erschrecken, weil ihr eine solche seltsame Hilfe nicht göttlich vorkam.

Groschen und TalerSie trat zur Stube heraus und wieder in die Kammer, ob sie sich nicht täusche. Aber in der Kammer lag’s immer voll von Talern, während in der Stube nichts zu sehen war. Indes kam ein vierjähriger Knabe; zu dem sagte sie: „Geh‘ einmal in die Kammer; was Du findest, ist Dein!“ Der kommt zurück und sagte: „Bäsle, ich finde nichts!“ Sie sieht selbst wieder nach, und die Taler waren wirklich wieder verschwunden. So ging es ihr oft und viel. Aber der geringste Gedanke, einen solchen Taler auch nur anzurühren, überzog sie mit Grauen; und sie zog es vor, in der bittersten Armut zu bleiben, als, wie sie sagte, vom Teufel sich reich machen zu lassen. Auch in der Zeit, da die Besitzungen schon angefangen hatten, kamen ihr Versuchungen der Art entgegen, und noch ehe ich von obigem wusste, hörte ich die Dämonen aus ihr sagen: „Dass das Mädle doch nichts annehmen will; wir haben’s ihr doch immer so geschickt hingelegt.“ Auch der oben erzählte Fund mit Geldstücken mag Bezug hierher gehabt haben. Als der Boden der Kammer aufgedeckt war, glaubte sie immer eine Kapsel zu sehen, aus welcher es mit lauter Talern schimmere; und sie sagte, sie meine, wir hätten nicht recht gesucht. Weil die Sage ging, es seien einmal 300 Taler von der früheren Hausbesitzerin irgendwo gestohlen worden, so konnte man die Möglichkeit, Geld zu finden, nicht ganz wegwerfen; und wir sahen in ihrem Beisein noch einmal nach, auch mit der Hoffnung, jenem Spuk ein Ende zu machen. Aber statt Geld zu finden, fiel sie sogleich, als sie an den Ort hindeutete, in tiefe Ohnmacht, was deutlich zeigte, dass ein Satansbetrug dahinterstecke. Sie sollte, mussten wir später denken, dieses Geld heimlich finden und behalten, wenn der Zweck der Finsternis erreicht werden wollte. Denn Heimlichkeit und tiefste Verborgenheit war die Macht der Finsternis in diesem Gebiete. Im Verlaufe wurde noch öfter von solchem Betrug Satans, Seelen zu verderben, die Rede; und die Art und Weise, wie eigentliche Schwarzkünstler, nach den Äußerungen eines Dämons zu schließen, solches Geld sich verschaffen oder verschaffen wollten, ist zu schauerlich, als dass ich es nacherzählen möchte, wiewohl ich mich auch scheue, Nebendinge, die nicht zum Verständnis meiner Geschichte wichtig sind, anzuführen.

MehlDas meiste überhörte ich in der Regel, weil ich nie ohne weiteres traute; nur der in der Folge hervortretende Zusammenhang macht mir manches beachtenswert, das es mir vorher nicht gewesen war. So verhielt es sich auch mit dem Umstande, der jetzt folgte. Nachdem offenbare Versuchungen zu abgöttischem Abfall von Gott bei der Gottliebin Dittus nichts fruchteten, zeigte sich die Schlange noch listiger. Sie kam einmal, da es ihr und den Ihrigen abermals an allen Lebensmitteln mangelte, beunruhigt und gedrückt in ihre Stube und sah auf dem Tische zu ihrem Erstaunen einen Ärmel von einem Mannshemde voll Mehl, nebst einem Sechsbätzner, der oben darauf in einem Papier eingewickelt lag. Durch das Frühere vorsichtig gemacht, wurde es ihr abermals unheimlich zu Mute. Wie kam das Mehl herein? Die Stube war verschlossen und vom Fenster aus konnte es nicht auf den Tisch gelegt werden. Dazu macht das sonderbare Behältnis das Geschenk verdächtig. Als sie nach dem Geld sah, so las sie auf dem Papiere die Worte: „Christi Blut und Gerechtigkeit, das ist mein Schmuck und Ehrenkleid!“ – „Nun“, dachte sie, jedoch nur, weil sie gerne so dachte, denn ihr unheimliches Gefühl brachte sie damit nicht hinweg, – „das kann nichts Unrechtes sein, das brauchst Du.“ Sie behielt also Geld und Mehl und tat das nicht ohne Dank gegen Gott, wiewohl sie den Geber trotz alles Nachfragens nicht entdecken konnte. Dennoch schrieb sie in der Folge diesem Mehl die meisten Verzauberungen zu, die an ihr hervortraten, wenigstens die Möglichkeit für noch weitere. Auch wurde es später wirklich von einem Dämon geäußert, dass es alles Teufelsbetrug gewesen sei und sie dieses Mehl nicht hätte verbrauchen sollen. Will man dieser in mannigfacher Hinsicht bedenklichen Sache Glauben schenken, so muss man eine Zulassung annehmen, welche höhere Zwecke im Auge hatte, und wenn auch der Gebrauch scheinbar zunächst höchst schädlich war, so konnte er nicht zu eigentlicher Sünde gerechnet werden, also an und für sich auch nicht zum Verderben führen, weil der Sinn und Wille redlich blieb. Aber die Glaubensprobe war jetzt um einen bedeutenden Grad schwieriger geworden.

Kraft des GebetesDiese Vorgänge geben gewissermaßen den Schlüssel zur ganzen Geschichte. Es handelte sich vorerst um eine Seele, die dem Satan widerstand, obwohl sie sein Band bereits an sich fühlte. Sie fühlte sich nach der einen Seite, dem Satanischen, mit einer gewissen Gewalt festgehalten; und ihr Inneres suchte die andere Seite, das Göttliche. Jenem entwunden zu werden, musste sie Treue und Glauben beweisen. So entspann sich ein Kampf, der immer weiter und umfassender wurde, weil auch die Finsternis nicht nachgeben wollte, und weil auch im satanischen Reiche ein Glied am andern hängt und alles im engsten Zusammenhang miteinander steht. So konnte, so unscheinbar auch die Person war, welche Veranlassung dazu gab, doch allmählich die ganze Hölle aufgeregt, ja der Kampf gar die Ursache werden, dass diese einen nicht geringen Stoß rücksichtlich ihrer geheimnisvollen Kräfte erlitt. Nachdem G. in den ersten Anfängen Treue und Glauben bewährt hatte, ging die Forderung der Treue und des Glaubens mehr auf mich über, welche darin bestand, die Angefochtene um keinen Preis eine Beute der Finsternis werden zu lassen, was nur damit möglich war, dass ich kein anderes Mittel versuchte als das Gebet, das an die unsichtbare göttliche Kraft sich hielt.

Gesprengte KettenAuf das Leben der G. war es von Seiten des Satans beständig abgesehen, und zwar einmal schon darum, weil das Geheimnis des satanischen Betrugs immer weiter offenbar wurde, wie es auch schien, als ob das die Dämonen vornehmlich empört habe, sodann, weil die satanische Kraft der Zauberei, die auf dem geordneten Wege überwunden wurde, nach Wahrnehmungen, die sich mir später und besonders am Schlusse unwillkürlich und fast gewaltsam aufdrängten, Gefahr lief, für immer vernichtet zu werden, also eine Entfernung der Person den finstern Mächten gewissermaßen um ihrer Selbsterhaltung willen immer notwendiger schien. Was letzteres betrifft, so war es mit Händen zu greifen, dass jede verborgene Zauberkraft an der Person eigentlich sich erschöpfte. Um ihr wieder aufzuhelfen, wie wenigstens möglich schien, wenn sie gestorben, also der weitere Kampf unterdrückt worden wäre, wurden – man verzeihe mir den Ausdruck – immer wieder neue Batterien vorgerückt. Weil aber auch mir Mut und Kraft wuchs – mir selbst weitaus das größte Wunder, da ich es nur als eine für diesen Kampf mir unmittelbar gegebene Gnade Gottes ansehen kann -, so wurden auch sie zu Schanden; und ein Bollwerk der Zauberei um das andere musste niedersinken, bis endlich der Hauptschlag am Schlusse erfolgte, da das Haupt aller satanischen Zauberkräfte aufzutreten schien. Ich gebe hier unerhörte Gedanken; aber der, der mir Schirm und Schild war, und der mein Inneres kennt, weiß es, wie langsam und ungern ich sie fasste, und wie schwer es mir, eben um dieser scheinbaren Bedeutung des Kampfes willen, die ich, wenn nicht das Ganze als ein fast sinnloses Rätsel erscheinen soll, unmöglich verschweigen kann, geworden ist, diese schriftliche Darstellung zu geben.

Suizid durch ErhängenDie Nachstellungen nach dem Leben der Gottliebin Dittus wurden fast mit jedem Tage schauerlicher. Wie schon jedes in sie eingeschmuggelte Zauberstück auf ihren Tod zielte, so wurde sie auch sehr oft zum Selbstmord versucht, jedoch in der Regel, ohne ein Bewusstsein davon zu haben. Außer dem, was oben erzählt wurde, erhängte sie sich einmal im Walde vermittelst ihres Halstuches. Ohne zu wissen, was sie tat, trug sie Steine zusammen, um hoch genug zu hängen, und das Halstuch brachte sie künstlich am Baume an. Schon hing sie, – aber das Halstuch zerriss, und der heftige Sturz brachte sie wieder zur Besinnung; Am gleichen Abend, noch ehe ich etwas davon wusste, hörte ich aus ihr einen Dämon ausrufen: „Dass das Mädle nicht umzubringen ist; sie hat sich erhängt, und der Strick hat müssen reißen.“ Mehr als einmal kamen förmliche Blutstürze vor, bei welchen sie nicht nur dem Tode nahe, sondern bisweilen schon dem Tode verfallen schien. Auch bei den Erbrechungen verschwand oft auf mehrere Minuten Atem und Puls, und Todeszüge waren in ihrem Gesicht. Einmal – ich erzähle es lieber vollends, obwohl man hierin am schwersten sich finden wird – wollte sie, nur halb bei der Besinnung, – eine Öffnung in die Haut des Vorderleibes machen, um einer Nadel den Weg zu bahnen. Sie stach sich mit dem Messer in den Leib; und es tat ihr eigentlich wohl, mit dem Messer im Leibe zu wühlen, bis der Magen durchstochen war, worauf dann alle Speise, die sie genoss, an der Magengegend wieder herauskam. Ihre Freundinnen bezeugten es, und der Arzt sah die Wunde noch zu einer Zeit, da ihr Anblick ihn von der Wahrheit des Erzählten überzeugen konnte. Die Wunde konnte zunächst nicht tödlich sein, weil es nicht ihre Tat war, also göttliche Bewahrung einschritt; sie konnte es aber werden und musste es, wenn der Glaube nicht auch hierin die Allmacht Gottes ergriffen hätte.

Der Friede GottesEinmal wurden alle Wunden, auch die letztgenannte, plötzlich wieder aufgerissen, und die Gefahr war aufs Äußerste gestiegen. Ich blieb beim Glauben, der mich nie zu Schanden machte. Als in größter Bestürzung ihre Freundin herbeieilte und meldete, dass jede Minute Verzug gefährlich sei, stürzte ich, ganz übernommen, in meinem Zimmer auf die Knie nieder und redete kühne Worte. Diesmal wollte ich – so stark wurde ich im Augenblick – dem Teufel nicht einmal die Ehre antun, hinzugehen, sondern ließ durch die Freundin sagen, sie solle sich aufmachen und zu mir kommen, sie könne es im Glauben. Es stand nicht lange an, so kam sie die Treppen herauf; – wie es aber mir dabei wurde, kann mir niemand nachfühlen. Übrigens bedurfte es auch hier, wie sonst, etliche Tage zur völligen Heilung. Außer dem vielen, das noch anzuführen wäre, erwähne ich nur noch der Äußerung eines Dämons, der sich für einen vor 40 Jahren in Hamburg verstorbenen Arzt ausgab, auch seinen Namen nannte, er habe nicht weniger als sechs Maß Gift allmählich in sie hineingezaubert. Dies konnte erklären, dass alles Blut und alle Flüssigkeit, die sie erbrach, einen scharfen und höchst widrigen Geruch hatte, den ich mit nichts Ähnlichem zu vergleichen weiß (und der mir nur später bei einem besessenen Knaben, der sich für vergiftet hielt, wieder vorkam). In allen diesen und ähnlichen Dingen siegte der Name Jesus, oft nur die Anführung der Markus 16 enthaltenen Verheißung, oder der Spruch in Phil. 2. Der ersehnte Schluss der Geschichte erfolgte in den letzt verflossenen Weihnachtsfeiertagen (24. bis 28. Dezember 1843), da sich alles, was nur je früher vorgekommen war, noch einmal zusammenzudrängen schien. Das Misslichste war, dass sich in diesen Tagen die finsteren Einwirkungen auch auf den halbblinden Bruder und eine andere Schwester, Katharina, ausdehnten, ich also mit dreien zumal den verzweifeltsten Kampf durchzumachen hatte, wobei deutlich der innere Zusammenhang zu erkennen war.

— Weiterlesen Teil 5 —

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